Chamber Delights

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DONNERSTAG, 16. JUNI 2022
21:00 UHR
BIBLIOTHEK DES KLOSTER NEUSTIFT

Die Chamber Delights widmen sich diesmal der, im Vergleich zu Klaviertrio oder Streichquartett, eher selten aufgeführten Besetzung des Klavierquartetts. Mit Gustav Mahlers Quartettsatz in a-Moll, Antonín Dvořáks Es-Dur Klavierquartett und Johannes Brahms Klavierquartett in g-Moll haben sich Boris Brovtsyn (Violine), Sindy Mohamed (Viola). Arthur Hornig (Violoncello) und Julia Okruashvili (Klavier) drei Raritäten der internationalen Konzert-Spielpläne vorgenommen.   

Dass Gustav Mahler, der Komponist großer Sinfonien, überhaupt Kammermusik geschrieben hat, ist heute kaum mehr präsent. Kein Wunder, denn schon zu seinen Lebzeiten war dieser Umstand nur Wenigen bekannt, gingen doch die Jugendwerke Mahlers durch seinen unbekümmerten Umgang mit den Noten weitgehend verloren. Der sogenannte Quartettsatz in a-Moll gehört zu diesem Jugendwerk, Mahler komponierte ihn im Alter von gerade einmal sechzehn Jahren. Neben einer Violinsonate und zwei Klavierquintetten ist der übriggebliebene Quartettsatz in a-Moll der, wie Mahler selbst urteilte, gelungenste. „Das beste davon war ein Klavierquartett”, berichtete Mahler selbst, „welches am Schluss der vierjährigen Konservatoriumszeit entstand und großes Gefallen erregte.” Allerdings handelte es sich hierbei um ein vollständiges viersätziges Klavierquartett, das ebenfalls verlorenging. Allein der Allegro-Satz zu diesem Klavierquartett in a-Moll blieb der Nachwelt erhalten und ist damit ein einzigartiges Dokument für Mahlers kammermusikalischen Stil und seine frühe Begabung.

Selten aufgeführt, gehört das Es-Dur-Klavierquartett unbestritten zu den bedeutendsten Kompositionen Antonín Dvořáks. Nach dem ersten Klavierquartett in D-Dur op. 23 von 1875 und obwohl ihn sein Verleger Fritz Simrock immer wieder ermutigte und drängte, wartete Dvořák fast 15 Jahre, bis er sich mit dem Es-Dur-Klavierquartett an ein zweites wagte. Interessanterweise ist es wohl dem Erfolg der drei Klavierquartette von Johannes Brahms geschuldet, übrigens im gleichen Verlag erschienen, dass Dvořák so lange zögerte. Erst im Sommer 1889 fand er Zeit und Inspiration, den Wünschen seines Verlegers zu folgen und das Es-Dur-Klavierquartett zu komponieren. Wie sehr Brahms Dvořák beeinflusste, lässt sich vielleicht durch die zahlreichen Querverbindungen zwischen seinem Quartett und denen seines deutschen Kollegen erahnen. 

Als Johannes Brahms 1861 seinem Freund Joseph Joachim, seines Zeichens waschechter Ungar, sein g-Moll-Klavierquartett mit dem berühmten Rondo alla Zingarese zusandte, gestand dieser neidlos zu, dass Brahms ihm auf seinem eigenen Territorium „eine ganz tüchtige Schlappe versetzt“ habe. Der Hanseat Brahms wusste um die Popularität ungarisch inspirierter Zigeunermusik in Wien und wählte eben jenes Klavierquartett aus, um 1862 in Wien als Komponist und Pianist zu debütieren.

Vom Zingarese-Charakter des Finales ausgehend, lässt sich auch dieses gesamte Quartett interpretieren. Das Hauptthema des ersten Satzes, welches Arnold Schönberg zu der Bemerkung hinriss „Leider nicht von mir!“, weist tonale Merkmale von „Zigeunermelodien“, eine Chromatik im melancholischen „Volkston“ und eine Rhythmik mit ungarischer „Charakteristik“ auf. Und dies alles vereint und veredelt durch die typische und vollendete Brahmsche Verarbeitungskunst.

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